37. Tag: M’Bour Basics

Entgegen jeder Logik (wessen Leben folgt schon einer?) waren wir alle drei am Dienstag schon vor Sonnenaufgang wieder knallwach. War es die Folge der Hitze, der Aufregung oder einfach nur das Werk der vielen Mücken, die uns durch ein nicht vergittertes Badezimmerfenster besuchen und mal so richtig aussaugen kamen? Wahrscheinlich von allem etwas. Und schließlich hatten wir ja auch viel vor, denn der gestrige Tag hatte ein paar Herausforderung für uns zurückgelassen, die zeitlich noch Anspruchsvoll werden sollten. Also lohnte sich frühes Aufstehen – nur wussten wir das zu diesem Zeitpunkt noch nicht.

Jedenfalls genossen wir bei Tee und heißer Milch den warmen, dunklen Morgen auf der oberen Terrasse im ersten Stock unseres Airbnb und wenig später auf der unteren Terrasse den Sonnenaufgang beim Frühstück. Unser „gardien“ Boucar erschien irgendwann etwas verschlafen und begann den Pool zu reinigen: was für ein Luxus, nicht nur ein so traumhaftes Haus an einem traumhaften Strand in einem traumhaften Land zeitweise bewohnen zu dürfen, sondern auch noch so gut umsorgt und beschützt zu werden. 🙏

Die erste Poolparty am noch recht frischen Morgen folgte auf Emilias Drängen zugleich. Es sollte der Anfang einer langen Badesession werden – eigentlich war Emilia den ganzen Tag nur im Pool, unterbrochen von ebenso lästigen wie notwendigen (und doch auch irgendwie angenehmen) Tätigkeiten wie Essen, Einkaufen und Strandspaziergang – ach ja: Katze streicheln und füttern nicht zu vergessen! Emilia fand nämlich ziemlich schnell heraus, welche Tiere hier leben und von ihr verwöhnt werden wollen, z B dieser keine Kater:

Wir dagegen durften zur Abwechslung so illustere Spiele wie Die Suche nach dem verlorenen Koffer oder Die Reparatur des nicht mehr rückwärts fahrenden Autos spielen. Aber wir haben ja schon gelernt: das Leben macht Geschenke, die es als Probleme verpackt!

Zuerst also die Koffersuche: ein Anruf bei der Fluggesellschaft Air France in Deutschland endete mit dem Hinweis, dass wir, wenn wir das nicht vor Ort am Flughafen gemeldet hätten, ein online-Formular (Desktopversion, auf dem Handy angeblich nicht erreichbar, aber nur wenn man den Trick mit dem Safaribrowser, diese unter iOS dich darzustellen NICHT kennt) ausfüllen müssten bei dem am Ende eine PID erzeugt würde, mit der sich dann ein Mitarbeiter auf die Suche nach dem Koffer machen könne. Als ich beim nächsten Anruf glaubhaft versichern konnte, dass dieser Prozess nach allen formal richtigen Eingaben die Erzeugung der PID aus unerklärlichen Gründen verweigerte, gab mir der Mitarbeiter stereotyp die Auskunft, ich müsse dann halt bei der Stelle für vermisstes Gepäck am Flughafen in Dakar anrufen. Auch mein Beteuern, dass da niemand ans Telefon gehe und ich immer nach 5 Wiederholungen der Bandansage der vermeintlichen Warteschleife geworfen wurde und ich das ganze Prozedere für sehr kundenunfreundlich halte, konnte ihn nicht zu Tätigkeit oder gar Mitgefühl bewegen. Am Nachmittag kamen mir so Zweifel an Charakter und vor allem Inhalt der Bandansage, so dass ich meinen gut französisch sprechenden Sohn Lobosch bat, sich diese mal anzuhören und er mir die erstaunliche, wie auch sehr hilfreiche und alles ändernde Auskunft gab, dass „la ligne de notre correspendant est actuellement suspendue…“ nicht eine Warteschleife beschrieb, sondern einfach nur hieß Die Leitung ist aktuell geschlossen! Na, das war doch ein kleiner, aber entscheidender Unterschied. Irgendwie sickerte bei mir mal wieder die Erkenntnis durch, dass es in einigen Situationen von Vorteil sein kann, die Sprache seines Reiselandes gut (oder zumindest besser als ich) zu sprechen.🙈🙊

Aber nun kam die geballte Frauenpower zum Einsatz: Lydia rief mit ihrem ganzen Charme nochmal in Frankfurt an und wie durch Zauberhand konnte die offensichtlich empatischere MitarbeiterIN selber anhand der Flugdaten die PID erzeugen und sofort sehen, dass der Koffer schon im Flugzeug nach Dakar steckte – so einfach kann das heute hochtechnisierte Leben sein, wenn man ein wenig mehr Herz und Menschlichkeit einfließen lässt (übrigens eine von mir schon lange gefühlte Erkenntnis meiner eigenen beruflichen Hotlinetätigkeit, bei der ja ich auf der anderen Seite sitze!). Nun gilt es für uns nur noch hier vor Ort zu klären, ob uns der Koffer geliefert wird oder wir den erneuten Ritt zum Flughafen auf uns nehmen. Aber selbst das erscheint nach den unüberwindbar erscheinenden Formularhürden nur noch ein Stöckchen zu sein, über das wir hüpfen müssen. Jump

Ja, die Sprache spielte auch bei dem anderen Spiel des Tages eine wichtige Rolle. Der Besitzer unseres Mietwagens, der senegalesische Schwager unseres belgischen Vermieters, konnte oder wollte nicht verstehen, dass sein Auto zwar noch fuhr, aber eben nicht rückwärts. Vor Ort angekommen, demonstrierte er mir, dass sich doch der Rückwärtsgang problemlos einlegen ließ und verstand erst nach meinem wilden Gestikulieren, er solle doch mal rückwärts fahren, dass da irgendwelche Zahnräder nicht richtig ineinander griffen. Kurzerhand schoben wir ihn von Hof und er fuhr das Auto in die Werkstatt, aus der es schon am Mittag repariert wieder zurück kam und zu allem Überfluss noch vor unserem Haus von einem Jungen gründlich innen und außen gereinigt wurde. Mit dem blitzeblanken Flitzer wagten wir uns dann gleich in das mittägliche Gewirr auf den Straßen von M’Bour und kauften die dringendsten Dinge, die wir bis zur Ankunft des Koffers brauchen würden, beim schon gestern besuchten Supermarkt Auchan bzw bei einigen Straßenhändlern ein: Flip-flops, Kleid, T-Shirt, Sonnenbrille, Anti-Mückenspray und Zahnbürste. Geht ja zum Glück auf Kosten der Airline!

Den Nachmittag und Abend verbrachten wir wie gesagt mehr im Pool als außerhalb, schlenderten auch mal den Strand hinunter, um mit Händen und Taschen voller Muscheln zurück zu kommen und machten eigentlich alles, was Spaß macht und zum Urlaub gehört. Hier kann man es aushalten, wenn wir den Geschenken des Lebens nicht allzu viel Vorrang einräumen. 😉

Reste avec nous!

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